Trendanalyse im Nachfolgemarkt KMU

Trendanalyse – Entwicklungen der letzten 3 Jahre und Ausblick bis 2032

 

Rückblick 2020–2024: In den vergangenen drei Jahren zeichnete sich der Nachfolgemarkt durch eine Nachholeffekt nach der Corona-Pandemie und den weiter fortschreitenden demografischen Wandel aus. Im Jahr 2020 hatten viele Senior-Chefs aufgrund der unsicheren Lage ihre geplanten Übergaben aufgeschoben . Dies führte dazu, dass 2021 die Zahl der Unternehmensübernahmen – gerade im Handwerk – deutlich anstieg . Experten berichten, dass 2021 insbesondere in Branchen wie Sanitär/Heizung/Klima und Elektrotechnik überproportional viele Übernahmen stattfanden, da dort hoher Nachfragedruck herrscht, aber gleichzeitig Fachkräfte knapp sind . Insgesamt ist seit dem Ende der akuten Corona-Phase ein verstärkter Übergabewunsch vieler Unternehmer zu beobachten, der nun zügig umgesetzt wird. Die Alterung der Inhaberschaft wirkt dabei als treibende Kraft: Immer mehr Babyboomer erreichen jedes Jahr das Rentenalter, was die Zahl der Nachfolgefälle kontinuierlich wachsen lässt .

 

Aktuelle Situation: Derzeit (Stand 2025) stehen wir an der Schwelle zu einer intensiven Phase der Unternehmensnachfolgen. Die Statistiken zeigen steigende Nachfolgerbedarfe, doch gleichzeitig verschärfen sich einige kritische Trends und Herausforderungen:

  • Generationenwechsel und Generation Z: Die nachrückende Generation (Generation Y und Generation Z) ist zahlenmäßig kleiner und hat teils andere Erwartungen an Beruf und Lebensführung als ihre Vorgänger. Viele altgediente Unternehmer stellen fest, dass familieninterne Nachfolger fehlen – sei es, weil Kinder nicht vorhanden sind oder einen anderen Karriereweg einschlagen. Laut KfW ist fehlendes Interesse innerhalb der Familie inzwischen der häufigste Grund, warum Inhaber eine Betriebsaufgabe in Erwägung ziehen . Die Generation Z (circa Jahrgänge 1995–2010) gilt als anspruchsvoll in Bezug auf Work-Life-Balance und Arbeitsbedingungen. Ein eigenes Unternehmen zu führen – womöglich verbunden mit langen Arbeitszeiten, Verantwortung für Mitarbeiter und finanziellem Risiko – wirkt auf viele junge Menschen weniger attraktiv. Diese Entwicklung führt zu einer Nachfragelücke auf der Nachfolgerseite: Immer weniger jüngere Unternehmer drängen nach, um die vielen frei werdenden Chefsessel zu besetzen . Studien warnen, dass ohne Gegensteuerung eine beträchtliche Lücke entstehen könnte, da es mittelfristig nicht genug Übernahmegründer gibt, um das steigende Angebot an übergabereifen Unternehmen aufzunehmen . Für das Handwerk bedeutet dies, dass manche Betriebe trotz solider Grundlagen keinen Nachfolger finden und im schlimmsten Fall schließen müssen („Unternehmen droht das Aus“ ).
  • Fachkräftemangel: Parallel zum Mangel an Nachfolgern herrscht ein akuter Fachkräftemangel in nahezu allen Branchen, besonders aber im Handwerk. Viele kleine Betriebe finden schon für offene Stellen kein Personal – wie schwierig ist es da, jemanden zu finden, der gleich den ganzen Betrieb übernehmen will? Aktuelle Zahlen zeigen die Dramatik: 2022 blieben im Handwerk von rund 236.800 offenen Stellen etwa 128.900 unbesetzt , also mehr als die Hälfte. Auch Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt (im Herbst 2022 waren nur ~51 % der Lehrstellen im Handwerk besetzt ). Dieser Engpass verschärft die Nachfolgeproblematik doppelt: Zum einen fehlt potenziellen Nachfolgern oft der gut ausgebildete Mitarbeiterstamm, den sie zur Fortführung benötigen; zum anderen wandern talentierte junge Fachkräfte eher in große Firmen oder andere Sektoren ab, anstatt sich selbständig zu machen. Die Bundesagentur für Arbeit prognostiziert, dass sich der Fachkräftemangel bis 2030 weiter verschärfen wird – branchenübergreifend könnten dann 3,5 Millionen Fachkräfte fehlen . Für viele altgediente Handwerksmeister bedeutet dies, dass sie ihren Betrieb nicht voll auslasten können; manche erleiden Auftrags- und Umsatzeinbußen, weil Aufträge mangels Personal abgelehnt werden müssen.
  • Sinkende Investitionsbereitschaft der Altinhaber: Ein weiterer Trend ist die zurückhaltende Investitionstätigkeit vieler älterer Inhaber kurz vor der Übergabe. Es ist aus Sicht des Seniors verständlich – größere Investitionen rechnen sich oft erst nach Jahren, die der scheidende Chef nicht mehr im Betrieb verbringen will. Allerdings führt diese Zurückhaltung dazu, dass Betriebe vor der Übergabe manchmal technisch und digital nicht auf dem neuesten Stand sind. Das kann die Wettbewerbsfähigkeit und den Wert des Unternehmens mindern. Untersuchungen bestätigen, dass ältere Unternehmer deutlich vorsichtiger bei Investitionsfinanzierungen sind als jüngere . Viele möchten keine langfristigen Kredite mehr aufnehmen kurz vor dem Ruhestand, vor allem wenn die Nachfolgesituation ungeklärt ist . Dadurch entstehen Investitionsstaus – z.B. veraltete Maschinen, verschleppte Modernisierung oder geringe Innovationsdynamik. Dies wirkt sich auch auf die Umsätze aus: Betriebe, die nicht mehr aktiv weiterentwickelt werden, verzeichnen mitunter rückläufige Umsätze oder verlieren Marktanteile an agilere Konkurrenz. Für potenzielle Nachfolger kann ein Investitionsstau abschreckend wirken, da er zusätzlichen Kapitalbedarf nach der Übernahme bedeutet.
  • Wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Die letzten Jahre brachten auch wirtschaftliche Herausforderungen, die den Nachfolgemarkt indirekt beeinflussen. Nach dem Corona-Einbruch 2020 erholte sich zwar die Konjunktur, doch 2022/23 führten hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie Inflation zu Belastungen. Insbesondere energieintensive Handwerke (z.B. Bäckereien, Metallbetriebe) gerieten unter Druck. Mancher Betrieb schrieb rote Zahlen und stand vor der Frage, ob sich eine Übergabe überhaupt noch lohnt. Zudem ist die allgemeine Kauflaune in einigen Bereichen gedämpft, wodurch kleine Firmen – ohnehin schon oft mit knapper Personaldecke – Einbußen erlitten. Diese Faktoren können dazu beitragen, dass Seniorchefs einen geringeren Verkaufserlös erzielen oder entscheiden, den Betrieb eher zu schließen als zu verkaufen, wenn die Perspektiven unsicher sind.
  • Schwierige Kreditvergabe und Finanzierung: Die Finanzierung von Betriebsübernahmen ist ein kritischer Punkt für Nachfolger. In den vergangenen 2 Jahren sind die Zinsen infolge der geldpolitischen Straffung deutlich gestiegen. Damit haben sich Bankkredite verteuert, was insbesondere für Übernehmer relevant ist, die oft hohe Summen für Kaufpreis, Modernisierung und Betriebsmittel aufbringen müssen. Zwar gibt es bisher keine Anzeichen für eine generelle Kreditklemme im Mittelstand – im Gegenteil ist eher die Kredithnachfrage gesunken, da viele Unternehmen Schulden scheuen . Doch für Nachfolgende ohne großes Eigenkapital kann es trotzdem herausfordernd sein, einen Kredit zu bekommen. Banken fordern heute mehr Sicherheiten und Informationen von Kreditnehmern . Ein junger Nachfolger, der einen Betrieb ohne Immobilienbesitz oder große Rücklagen übernehmen möchte, ist daher oft auf Bürgschaften oder Förderdarlehen angewiesen (siehe Abschnitt 3). Die IHK-Berater berichten zudem, dass die Finanzierungsgespräche komplexer werden: Businesspläne müssen belastbar sein, die Rating-Anforderungen steigen. All dies verlängert den Übernahmeprozess. Somit sind Finanzierungsfragen ein entscheidender Engpass bei vielen Nachfolgen. Wenn die Kreditverhandlung scheitert, kann trotz vorhandenem Nachfolger die Übernahme platzen. Positiv ist, dass die finanzielle Stabilität vieler Mittelständler insgesamt noch gut ist (Eigenkapitalquoten von ~30 % sind heute üblich ), was hilft, Übernahmen zu stemmen. Dennoch bleibt der Zugang zu Kapital ein Knackpunkt, vor allem vor dem Hintergrund der unsicheren Konjunktur und vorsichtiger Banken.

 

Ausblick bis 2032: Für die kommenden 7 Jahre (bis ca. 2032) erwarten Experten eine weiter steigende Zahl an Nachfolgefällen, da die zweite Hälfte der Babyboomer dann in den Ruhestand geht. Das Thema wird also eher an Brisanz zunehmen. Gleichzeitig stehen die genannten Herausforderungen – Generationswechsel, Fachkräftemangel, Investitionsstau, etc. – weiterhin im Raum und könnten sich sogar verschärfen, wenn keine gegensteuernden Maßnahmen greifen. Bis 2030 dürfte der Nachfolgedruck seinen Höhepunkt erreichen. Das Angebot an übergabewilligen Betrieben wird auf ein Rekordniveau steigen (in Bayern z.B. über 60.000 attraktive Firmen in diesem Jahrzehnt ). Die Nachfrageseite (Nachfolger) hingegen wächst nicht im gleichen Maße. Generationenbedingt kommen weniger Jungunternehmer nach; zudem haben wir es mit einer Werteverschiebung zugunsten von Sicherheit und Work-Life-Balance zu tun, was die Neigung zur Selbstständigkeit beeinflusst. Sollte dieser Trend anhalten, könnten immer mehr kleinere Betriebe mangels Nachfolge vom Markt verschwinden. Bereits heute erwägen etwa 3 % der Mittelstandsinhaber, ihren Betrieb stillzulegen, falls bis 2024 keine Nachfolge gelingt – das entspricht ca. 97.000 Unternehmen in Deutschland . Im Handwerk warnt man, dass bis 2045 nahezu jeder zweite Handwerksbetrieb betroffen sein könnte, sofern keine Lösungen gefunden werden .

Dennoch gibt es auch Chancen am Horizont: Die Nachfolgegeneration – so klein sie sein mag – besteht oft aus gut ausgebildeten, motivierten Leuten, die frischen Wind in traditionelle Betriebe bringen können. Zwei Drittel aller Handwerksübernahmen verlaufen laut Handwerkskammern wirtschaftlich erfolgreich, und über die Hälfte der Übernehmenden schafft es, die Umsätze des übernommenen Betriebs sogar zu steigern . Zudem rücken vermehrt Frauen und Quereinsteiger als Nachfolger nach, was neue Potenziale eröffnet (knapp 18 % der Nachfolger im Handwerk sind weiblich, Tendenz steigend ). Auch die Politik und Wirtschaft haben die Problematik erkannt und verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Übergabeprozess zu unterstützen – diese werden im nächsten Abschnitt betrachtet.